Seit dem 26.10.2022 können Arbeitgeber ihren Beschäftigten steuer- und abgabenfrei einen Geldbetrag von bis zu 3.000,00 Euro gewähren. Das ist die sogenannte Inflationsausgleichsprämie, abgekürzt IAP. Nachfolgend Fragen und Antworten zu dieser Prämie.
Der Text wird laufend aktualisiert.
Stand des Beitrags: 6. Juni 2024
- Bis wann kann die Inflationsausgleichsprämie gezahlt werden?
Der Begünstigungszeitraum für die Inflationsausgleichsprämie – abgekürzt IAP – ist bis zum 31.12.2024 befristet. Bis dahin sind Zahlungen des Arbeitgebers auf die Prämie möglich, und zwar grundsätzlich steuer- und abgabenfrei.
Es gilt das sog. Zuflussprinzip (ebenso Hick in DB 2022, 2766). Maßgeblich ist also der Zeitpunkt des „Zuflusses“ der IAP beim Arbeitnehmer, meint den Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer über die Prämie verfügen kann.
- Zahlt der Staat einen Zuschuss zur Inflationsausgleichsprämie?
Streng genommen ist das nicht der Fall. Allerdings sind die Zahlungen der Arbeitgeber bis zu einem Betrag von 3.000,00 Euro steuer- und sozialversicherungsabgabenfrei (siehe schon oben Frage 1). Insofern „bezuschusst“ der Staat die Prämie.
- Muss die Inflationsausgleichsprämie in einer Summe gezahlt werden?
Nein, der Betrag von 3.000,00 Euro kann beliebig gestückelt, d.h. ohne weiteres in mehreren Teilbeträgen gezahlt werden. So kann der Arbeitgeber beispielsweise monatlich 200,00 Euro bis zur Höchstgrenze von 3.000,00 Euro zahlen. Im Beispielsfall wären das 15 Teilbeträge (15 x 200 = 3.000).
- Muss die Prämie voll ausgeschöpft werden?
Nein, es kann auch nur – in Summe – ein Betrag in Höhe von etwa 500,00 oder 1.000,00 Euro gezahlt werden
- Steht Arbeitnehmern ein Anspruch auf die Inflationsausgleichsprämie zu?
Nein. Es handelt sich in um eine freiwillige Zahlung des Arbeitgebers. Ein rechtlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie besteht grundsätzlich nicht. Das kann aber unter dem Gesichtspunkt des sog. arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes anders sein (siehe dazu nachfolgend Frage 7). Auch kann sich der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber zur Zahlung der Prämie arbeitsvertraglich verpflichten, etwa durch eine Zusatzvereinbarung. Auch kann sich ein Anspruch auf Zahlung einer IAP aus einem das konkrete Arbeitsverhältnis erfassenden Tarifvertrag ergeben.
- Kann die Inflationsausgleichsprämie Teil eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs sein?
Ja, solange die IAP nicht an die Stelle eines ohnehin durch den Arbeitgeber geschuldeten (Arbeits-)Entgelts tritt (siehe dazu auch nachfolgend Frage 13).
- Muss der Arbeitgeber allen seinen Mitarbeitern die Inflationsausgleichsprämie in gleicher Höhe zahlen?
Nein, das muss der Arbeitgeber nicht. Lediglich im Rahmen des sog. arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist das anders. Das hat zur Folge, dass der Arbeitgeber aus sachlichem Grund eine unterschiedlich hohe Zahlung, ggf. bei einigen Arbeitnehmern auch gar keine Prämie leisten darf bzw. leisten muss. So kann der Arbeitgeber vermutlich nach der Einkommenshöhe des jeweiligen Arbeitnehmers unterscheiden und nur Arbeitnehmern bis zu einem bestimmten Einkommen die Prämie gewähren, den anderen Arbeitnehmern hingegen nicht.
Schwieriger wird das, wenn der Arbeitgeber nach Kriterien unterscheidet, die zwar grundsätzlich geeignet sind, eine unterschiedliche Behandlung einzelner Arbeitnehmer zu rechtfertigen, so zum Beispiel eine Staffelung nach den durch den jeweiligen Arbeitnehmer erzielten Arbeitsergebnissen. Hier fragt sich aber, ob damit auch eine unterschiedlich hohe Zahlung der Inflationsausgleichsprämie sachlich gerechtfertigt werden kann. Das erscheint zweifelhaft, denn bei der steuer- und abgabenfreien Prämie geht es ja in erster Linie – wie der Name der Prämie anzeigt – um einen Ausgleich für inflationsbedingt gestiegene Lebenshaltungskosten; es geht nicht um eine wie auch immer ermittelte Leistungsprämie.
Um es einfach zu machen: Wirklich rechtlich unbedenklich sind nur zwei Fälle: Zum einen ist es rechtlich völlig unkritisch, wenn allen Arbeitnehmern ein gleich hoher Betrag zugewendet wird. Genauso unbedenklich ist es, wenn der Arbeitgeber niemandem eine Prämie ausbezahlt!
Siehe aus der Rechtsprechung die nachfolgend wiedergegebenen Entscheidungen:
- a) ArbG Paderborn, Urt. v. 06.07.2023 – 1 Ca 54/23
Das Arbeitsgericht (ArbG) Paderborn hat sich mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz im Zusammenhang mit der arbeitgeberseitigen Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie befasst (ArbG Paderborn, Urt. v. 06.07.2023 – 1 Ca 54/23).
In den Entscheidungsgründen heißt es:
„Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Damit verbietet er nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (BAG, 31.08.2005, 5 AZR 517/04). Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet im Bereich der Vergütung Anwendung, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, wenn er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt (BAG, 27.07.1988, 5 AZR 244/87).
Dem Arbeitgeber ist es verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen aus unsachlichen oder sachfremden Gründen von einer Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen. Nach dem mit der Gehaltserhöhung verfolgten Zweck ist zu beurteilen, ob der ausgeschlossene Personenkreis zu Recht ausgenommen wird (BAG, 17.05.1978, 5 AZR 132/77). Steht eine Gruppenbildung fest, hat der Arbeitgeber die Gründe für die Differenzierung offen zu legen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Sind die Unterscheidungsmerkmale nicht ohne weiteres erkennbar, legt der Arbeitgeber seine Differenzierungsgesichtspunkte nicht dar oder ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, kann die benachteiligte Arbeitnehmergruppe verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmergruppe behandelt zu werden.
Die Beklagte hat die Inflationsausgleichsprämie nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip ausgezahlt. Die Zahlung erfolgte an diejenigen Arbeitnehmer, die auf Sonderzahlungen verzichtet haben. Die Beklagte hat eine Gruppenbildung vorgenommen. Sie hat entschieden, dass diejenigen Arbeitnehmer, die den neuen Arbeitsvertrag nicht unterschrieben haben bzw. nicht auf die Sonderzahlung verzichtet haben, keine Inflationsausgleichsprämie erhalten. Auf diesen Fall findet der Gleichbehandlungsgrundsatz Anwendung. Die Beklagte nimmt eine bestimmte Arbeitnehmergruppe von der gezahlten Inflationsausgleichsprämie aus.
Die Beklagte durfte nach sachlichen Gründen differenzieren, welcher Arbeitnehmergruppe sie einen Inflationsausgleich zukommen lassen will und welcher Arbeitnehmergruppe nicht. Ein Ausgleich der inflationsbedingten Teuerungsrate muss nicht allen Arbeitnehmern gleichmäßig gewährt werden, wenn sachliche Gründe für eine Differenzierung bestehen. Die Beklagte hat mit der Beschränkung der Leistungen einen weitergehenden Zweck verbunden. Es wird dem Vortrag der Beklagten nicht gerecht, die Gleichbehandlung allein nach dem für alle gleichermaßen geltenden Ziel des Inflationsausgleichs zu beurteilen. Vielmehr zeigt die Verteilung der Leistung und die dafür gegebene Begründung, dass es der Beklagten bei der Differenzierung um eine Angleichung der Arbeitsbedingungen ging. Zwar bedankt sie sich auch für den Einsatz der Mitarbeiter. Mit der Bezeichnung als „Inflationsprämie“ und der Zahlung nur an diejenigen Mitarbeiter, die auf eine Sonderzahlung verzichtet haben, wird der Charakter als Ausgleichszahlung aber hinreichend deutlich.
Die Geltung verschiedener Vertragsmodelle ist ein formeller Gesichtspunkt und ersetzt nicht den sachlichen Grund für die Differenzierung. Eine Gruppenbildung ist nur dann gerechtfertigt, wenn die Unterscheidung einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Die unterschiedliche Leistungsgewährung muss stets im Sinne materieller Gerechtigkeit sachgerecht sein. Das ist auch bei unterschiedlichen Vergütungssystemen nicht ohne weiteres gewährleistet. Die Beklagte bezweckt mit der Beschränkung der Leistung auf die Arbeitnehmer, die auf die Sonderzahlung verzichtet haben, einen Ausgleich gegenüber den übrigen Arbeitnehmern, die einen Anspruch auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld haben. Das ist ein sachlicher Grund, der eine Differenzierung rechtfertigt.“
- b) ArbG Hagen, Urt. v. 19.9.2023 – 4 Ca 604/23
Hier hat der DGB Rechtsschutz Hagen hat für den Kläger eine höhere Inflationsausgleichsprämie erstritten. Der Arbeitgeber hatte Gruppen nach Betriebszugehörigkeit, Gehalt und Voll- bzw. Teilzeit gebildet und eine Prämie zwischen 200 Euro und 1.000 Euro gezahlt. Der Kläger erhielt 500 Euro. Der Anspruch auf Zahlung der Differenz von 500 Euro ergibt sich für das Gericht aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Versuch des Arbeitgebers, eine Leistungsprämie als IAP zu verkleiden, scheiterte somit.
- Wie soll der Arbeitgeber im Rahmen der Entgeltabrechnung klarstellen, dass er die Inflationsausgleichsprämie zahlen möchte bzw. zahlt?
Es genügt, wenn der Arbeitgeber bei Gewährung der Prämie deutlich macht, dass die Zahlung im Zusammenhang mit der Preissteigerung steht, so zum Beispiel durch einen entsprechenden Hinweis im Rahmen der Lohnabrechnung.
- Kann die Inflationsausgleichsprämie auch an Auszubildende gezahlt werden?
Ja, das ist möglich.
- Kann die Inflationsausgleichsprämie an geringfügig Beschäftigte (Minijobber), Midijobber, arbeitende Rentner und Werkstudenten gezahlt werden?
Ja, das ist möglich.
- Sind mitarbeitende Familienangehörige (z. B. Ehemann oder Ehefrau) mögliche Begünstigte der Prämie?
Ja, hier ist aber ganz besonders auf die Beachtung des bereits erwähnten Gleichbehandlungsgrundsatzes (siehe oben Frage 7) zu achten! Zudem ist an einen sog. Fremdvergleich zu denken. Letzteres wirft die Frage auf, ob der Arbeitgeber die Prämie auch an solche Personen ausgezahlt hat bzw. ausgezahlt hätte, die keine Familienmitglieder sind.
- Kann die Inflationsausgleichsprämie als Sachleistung gewährt werden?
Ja, das ist aufgrund des Wortlauts von § 3 Nr. 11 c) EStG möglich. So kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer beispielsweise einen bzw. mehrere Warengutscheine bis zu einem Gesamtbetrag von 3.000,00 Euro zukommen lassen. Das kann sich beispielsweise bei solchen Arbeitnehmern empfehlen, die aktuell einen negativen Saldo ihres Bankkontos aufweisen. ABER aufpassen. Ein Fall der (ggf. strafbaren) Begünstigung des Arbeitnehmers als Schuldner gegenüber einem Gläubiger des Arbeitnehmers ist unbedingt zu vermeiden!
- Darf die Inflationsausgleichsprämie an die Stelle einer anderen, durch den Arbeitgeber geschuldeten Leistung treten?
Nein, das darf unter keinen Umständen passieren. Die Zahlung muss als zusätzliche Leistung anzusehen sein und sollte in der Entgeltabrechnung (siehe dazu oben Frage 8) auch als solche bezeichnet werden. Die Prämie darf beispielsweise nicht an die Stelle eines an sich geschuldeten Weihnachtsgeldes, 13. Gehalts oder eines Urlaubsgeldes gezahlt werden.
Problematisch dürften vor allem die Fälle werden, in denen der Arbeitgeber ein 13. Gehalt oder auch ein Weihnachtsgeld bislang als „freiwillige Arbeitgeberleistung“ deklariert hat. Hier ist sorgfältig zu prüfen, ob kein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine derartige Arbeitgeberleistung besteht. Sollte das der Fall sein, darf die Inflationsausgleichsprämie nicht an deren Stelle treten! In vielen Fällen wird sich in diesem Zusammenhang ein sorgfältiger Blick in Arbeitsverträge und ggf. Tarifverträge lohnen.
Siehe auch § 8 Abs. 4 EStG sowie noch einmal nachfolgend Frage 14 sowie Frage 29.
- 8 Abs. 4 EStG lautet:
„Im Sinne dieses Gesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn
- die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
- der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
- die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
- bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht
wird. Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 ist von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder auf Grund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.“
- Was gilt mit Blick auf Frage 13 hinsichtlich der in der Vergangenheit durch den Arbeitgeber etwaig gewährten „freiwilligen“ Leistungen und dem Rechtsinstitut der betrieblichen Übung?
Jetzt wird es schwierig. Die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie muss durch den Arbeitgeber „on top“ geleistet werden und darf – wie ausgeführt (siehe dazu Frage 13) – kein ohnehin durch den Arbeitgeber geschuldetes Arbeitsentgelt ersetzen. Es ist also zu fragen, in welchem Umfang der Arbeitnehmer einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Gewährung einer bestimmten Zahlung besitzt. In diesem Zusammenhang ist auch an das arbeitsrechtlich bedeutsame Rechtsinstitut der betrieblichen Übung zu denken. Alles das, was Gegenstand einer betrieblichen Übung zugunsten des Arbeitnehmers geworden ist, kann grundsätzlich nicht durch die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie ersetzt werden. Hat ein Arbeitgeber beispielsweise ohne ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag vorbehaltlos über viele Jahre hinweg ein 13. Gehalt gezahlt, kann die Inflationsausgleichsprämie nunmehr nicht an dessen Stelle treten. Gleiches gilt im Hinblick auf etwaig durch den Arbeitgeber in der Vergangenheit gewährte Sachleistungen.
- Wer kontrolliert die ordnungsgemäße Gewährung der Inflationsausgleichsprämie?
Hier kommen zahlreiche Stellen in Betracht. Neben der Finanzverwaltung werden mit Sicherheit die Prüfer der Deutschen Rentenversicherung (DRV) im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Sozialversicherungsprüfungen genau hinschauen, insbesondere darauf, dass die Zahlung „on top“ gewährt wurde.
- Darf der Arbeitgeber mit der Inflationsausgleichsprämie werben und so versuchen, Mitarbeiter aus einem anderen Unternehmen zu gewinnen?
Ja, das dürfte in der Regel gestattet sein. Der Umstand, dass es sich um eine „Wechselprämie“ handelt, wird der Anerkennung als Inflationsausgleichsprämie vermutlich nicht entgegenstehen.
- Kann ein Arbeitnehmer die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie mehrfach erhalten?
Ja, das ist denkbar. Wenn beispielsweise ein Arbeitnehmer im Jahr 2023 oder im Jahr 2024 seinen Arbeitgeber gewechselt hat, kann er sowohl von seinem „alten“ wie auch von seinem „neuen“ Arbeitgeber die Prämie gezahlt bekommen.
- Können der sog. Corona-Pflegebonus und die Inflationsausgleichsprämie miteinander kombiniert werden?
Vermutlich ja. Pflegebonus und Inflationsausgleichsprämie verfolgen unterschiedliche Ziele. Das würde zu einem Gesamtbetrag von 7.500,00 Euro führen.
- Kann die Inflationsausgleichsprämie bei mehreren Arbeitgebern mehrfach gezahlt werden?
Siehe dazu schon oben Frage 17.
Die Prämie kann für jedes Arbeitsverhältnis gezahlt werden. Hat ein Arbeitnehmer mehrere Arbeitgeber, kann die Inflationsausgleichsprämie im Rahmen eines jeden Arbeitsverhältnisses gewährt werden. Das ist aber dann anders, wenn der Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber mehrere Arbeitsverhältnisse ausgeübt hat, so etwa im Frühjahr 2023 und im Frühjahr 2024 im Rahmen einer sog. Saisonbeschäftigung. Hier scheidet die mehrfache Gewährung der Prämie über 3.000,00 Euro hinaus aus.
- Was gilt für die Inflationsausgleichsprämie bei GmbH-Geschäftsführern?
Diese können die Prämie vermutlich ebenfalls erhalten. Es dürfte aber zu unterscheiden sein:
- Ist der GmbH-Geschäftsführer „reiner“ Fremdgeschäftsführer kann die Prämie grundsätzlich problemlos gezahlt werden.
- Ist der GmbH-Geschäftsführer zugleich Gesellschafter der GmbH, muss die Zahlung einem sog. „Fremdvergleich“ standhalten. Ansonsten droht eine sog. verdeckte Gewinnausschüttung (vGA).
- Was gilt für die Inflationsausgleichsprämie bei einem Betriebsübergang (§ 613a BGB)?
Bei einem Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB bleibt das Arbeitsverhältnis als solches bestehen. Es geht vom Abgeber auf den Erwerber über (siehe vor allem § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB). Das bedeutet: Der Arbeitnehmer kann die Prämie bis zur Maximalhöhe von 3.000,00 Euro nur einmal erhalten, egal, ob der Betrag ganz oder teilweise vom Abgeber und/oder vom Erwerber gezahlt wird.
- Ist die Inflationsausgleichsprämie pfändbar?
Ja, Beschl. v. 25.04.2024 – IX ZB 55/23.
- Wo ist die Inflationsausgleichsprämie gesetzlich geregelt?
Die Inflationsausgleichsprämie ist in § 3 Nr. 11 c) EStG gesetzlich geregelt.
- Kann eine Konzernobergesellschaft an Mitarbeiter einer Tochtergesellschaft eine Inflationsausgleichsprämie zahlen?
Nein, ein sog. Konzernprivileg sieht das Gesetz nicht vor (ebenso Hick in DB 2022, 2766). Allerdings kann der Arbeitnehmer, wenn es zu mehreren Tochtergesellschaften Arbeitsverhältnisse gegeben hat, die Prämie unter Umständen mehrfach erhalten.
- Darf die Inflationsausgleichsprämie an Arbeitnehmer gezahlt werden, die sich zum Zeitpunkt der Zahlung in Kurzarbeit befinden?
Ja.
- Darf die Inflationsausgleichsprämie an Arbeitnehmer gezahlt werden, die sich in Elternzeit befinden?
Vermutlich ja, denn auch hier besteht ein Arbeitsverhältnis.
Eine andere Frage ist die, ob jemand, der sich in Elternzeit befindet, die Prämie in gleicher Höhe bzw. überhaupt bekommen muss, wenn alle anderen Arbeitnehmer die Prämie in einer bestimmten Höhe erhalten haben. Hier stellt sich wiederum die Frage nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (siehe dazu bereits oben Frage 7).
Siehe auch ArbG Essen, Urt. v. 16.04.2024 – 3 C 2231/23: Obwohl der im Fall maßgebliche Tarifvertrag einen solchen Anspruch auf Zahlung der Inflationsausgleichsprämie (IAP) für Arbeitnehmer, die sich in der Elternzeit befinden, nicht vorsah, erkannte das Gericht einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Nach Meinung des Gerichts verstößt der Ausschluss von Arbeitnehmern in Elternzeit – jedenfalls im konkret entschiedenen Fall – gegen das Willkürverbot.
In den Entscheidungsgründen heißt es:
„Die Tarifvertragsparteien – auch die des öffentlichen Dienstes – sind bei ihrer Normsetzung nicht unmittelbar an Grundrechte gebunden. Die Gerichte für Arbeitssachen sind aber gemäß Art. 1 Abs. 3 GG zum Schutz der Grundrechte berufen. Der hieraus folgende Schutzauftrag verpflichtet sie dazu, die Grundrechtsausübung durch die Tarifvertragsparteien zu beschränken, wenn diese mit den Freiheits- oder Gleichheitsrechten oder anderen Rechten mit Verfassungsrang der Normunterworfenen kollidiert. Die Gerichte müssen insoweit praktische Konkordanz herstellen. Das führt zu einer mittelbaren Grundrechtsbindung der Tarifvertragsparteien. Das gilt auch für den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dieser bildet als fundamentale Gerechtigkeitsnorm eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie. Die Gerichte sind darum aufgrund des Schutzauftrags der Verfassung auch verpflichtet, gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen zu unterbinden. Diese Grenze ist zu beachten, obwohl Tarifnormen nicht selten Ergebnisse tarifpolitischer Kompromisse sind (´Gesamtpaket´), und kann damit zur Beschränkung der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Rechte der Tarifvertragsparteien führen. Tarifnormen sind deshalb im Ausgangspunkt auch am Gleichheitssatz zu messen. Tarifvertragsparteien steht bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie allerdings ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Ihnen kommt eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind. Darüber hinaus verfügen sie über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung. Die Gerichte dürfen nicht eigene Gerechtigkeitsvorstellungen an die Stelle von Bewertungen der zuständigen Verbände setzen. Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund vorliegt, der dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen ist. So belässt der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG den Tarifvertragsparteien etwa bei der Festlegung, ob und welche Erschwernisse sie durch finanzielle oder andere Zulagen in welchem Umfang ausgleichen wollen, grundsätzlich einen weit reichenden Entscheidungsspielraum. Solche an situationsgebundene Kriterien anknüpfenden Festlegungen beruhen wesentlich auf tarifpolitischen Wertungen und Gestaltungen im Bereich der Lohnfindung, die nach der Konzeption des Grundgesetzes grundsätzlich den Tarifvertragsparteien übertragen ist, weil dies nach Überzeugung des Verfassungsgebers zu sachgerechteren Ergebnissen als eine staatlich beeinflusste Lohnfindung führt. Welche Erschwernisse sie auf der Grundlage ihrer Spezialkenntnisse der Bereiche, für die sie Regelungen treffen, in welcher Weise und Höhe ausgleichen wollen, bleibt daher grundsätzlich den Tarifvertragsparteien überlassen. Das schließt auch die Befugnis zu Zulagenregelungen ein, die Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen. Die den Tarifvertragsparteien bei der Festlegung solcher situationsgebundenen Zulagen zukommende Einschätzungsprärogative ist ebenso wie bei Stichtagsregelungen als ´Typisierungen in der Zeit´ grundsätzlich erst dann überschritten, wenn das Willkürverbot als äußerste Grenze der Tarifautonomie verletzt ist. Von den Arbeitsgerichten nachzuprüfen ist deshalb nur, ob Tarifregelungen, mit denen die Tarifvertragsparteien solche Erschwernisse ausgleichen wollen, offenkundig auf sachwidrigen, willkürlichen Erwägungen beruhen. Das ist der Fall, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Jedenfalls bei dieser Willkürkontrolle ist deshalb nicht ausschlaggebend, ob die maßgeblichen Gründe im Tariftext Niederschlag gefunden haben oder diesem zumindest im Wege der Auslegung zu entnehmen sind. Maßgeblich für die Annahme eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in seiner Ausprägung als Willkürverbot ist nicht eine etwaige subjektive Willkür des Normgebers. Erforderlich ist vielmehr die objektive Unangemessenheit der Norm im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, die sie regeln soll, und damit objektive Willkür (vgl. BAG vom 20.07.2023 – 6 AZR 256/22, juris Rdn. 37ff.).
Der Ausschluss von Arbeitnehmern in Elternzeit verstößt gegen das vorstehende Willkürverbot.
Zwar ist es zulässig, Arbeitnehmer in Elternzeit von bestimmten Leistungen auszunehmen. Jedoch muss im konkreten Fall die Differenzierung zwischen dem Kreis der Anspruchsberechtigten und demjenigen der Nichtberechtigten sachlich nachvollziehbar sein. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Die Leistungen nach dem TV Inflationsausgleich stellen keine Vergütung für erbrachte Arbeitsleistung dar. Es mag sein, dass die Tarifvertragsparteien diese Sonderzahlungen anstelle einer entsprechend früheren Anhebung der Tabellenvergütung vereinbart haben, um die Möglichkeit einer steuer- und sozialabgabenfreien Sonderprämie zu nutzen, die der Gesetzgeber aus gesamtwirtschaftlichen Gründen zur Verhinderung einer als ungünstig angesehenen Lohnentwicklung geschaffen hat. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Tarifvertragsparteien sich darauf verständigt haben, die Tabellenentgelte erst später zu erhöhen, und sie stattdessen Sonderzahlungen beschlossen haben, deren Höhe nicht von der jeweiligen Entgeltgruppe abhängt und für die nicht die Erbringung von Arbeitsleistung im Bezugszeitraum Voraussetzung ist, sondern der Anspruch auf Entgelt an mindestens einem Tag im Bezugszeitraum (§ 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 1), wobei als Entgelt unter anderem auch der Krankengeldzuschuss nach § 22 Abs. 2 und 3 TVöD zählt, auch wenn dieser wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers nicht gezahlt wird (§ 4 Abs. 2 S. 1). Ebenso anspruchsberechtigt ist ein Arbeitnehmer, wenn er an mindestens einem Tag im Bezugszeitraum Krankengeld bei Erkrankung des Kindes nach § 45 SGB V bezieht (§ 4 Abs. 2 S. 3), im gesamten Bezugszeitraum jedoch keinen Anspruch auf Entgelt gegen den Arbeitgeber hat.
Auch die Arbeitnehmer in den beiden vorstehend genannten Konstellationen, die keinerlei finanzielle Leistungen vom Arbeitgeber beziehen, erhalten den Inflationsausgleich.
Die Kammer geht davon aus, dass die Tarifvertragsparteien bezweckt haben, Krankengeldbezieher, die wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers keinen Krankengeldzuschuss vom Arbeitgeber erhalten, mit solchen Arbeitnehmern gleichzustellen, die einen Krankengeldzuschuss bekommen, und dass sie Kinderkrankengeldbezieher – die keine Leistungen des Arbeitgebers erhalten – mit Arbeitnehmern gleichstellen wollten, die wegen eigener Erkrankung Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bzw. Krankengeld mit Krankengeldzuschuss beziehen und auch mit Arbeitnehmern, die bezahlte Arbeitsbefreiung nach § 29 Abs. 1 Buchst. e) TVöD in Anspruch nehmen.
Aber auch unter Berücksichtigung dieser Umstände ist für die Kammer im Ergebnis kein sachlich einleuchtender Grund dafür ersichtlich, warum Arbeitnehmer in Elternzeit (die nicht in Teilzeit tätig sind), keinen Inflationsausgleich erhalten sollen, Arbeitnehmer im Krankengeldbezug, die wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers keinen Krankengeldzuschuss bekommen, hingegen schon, ebenso wie Arbeitnehmer, die im Bezugszeitraum nur Kinderkrankengeld beziehen.
In der Elternzeit ruhen die arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten (vgl. BAG vom 08.05.2018 – 9 AZR 8/18, juris Rdn. 22). Ein Arbeitsverhältnis ruht, wenn die wechselseitigen Hauptpflichten kraft Gesetzes oder (ggf. konkludenter) vertraglicher Vereinbarung suspendiert sind und somit der jeweilige Gläubiger von seinem Schuldner die Erbringung der Leistung nicht mehr verlangen und durchsetzen kann (vgl. BAG vom 12.10.2022 – 10 AZR 496/21, juris Rdn. 32).
Im Falle einer über den Entgeltfortzahlungszeitraum hinausgehenden Erkrankung ruht das Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht, vielmehr liegt auf Seiten des Arbeitnehmers eine Leistungsstörung vor (vgl. BAG vom 12.10.2022 – 10 AZR 496/21, a.a.O. Rdn. 33).
Allein die Schlagworte ´ruhendes Arbeitsverhältnis´ einerseits und ´Leistungsstörung´ andererseits sind jedoch nicht ausreichend, um einen sachlich vertretbaren Differenzierungsgrund zu bilden. Vielmehr ist zu prüfen, worin die inhaltlichen Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede konkret bestehen.
In allen drei Konstellationen besteht das Arbeitsverhältnis fort, ohne dass ein Austausch wechselseitiger Leistungen stattfindet und ohne dass der Arbeitgeber finanzielle Leistungen erbringt.
Während der längerfristig erkrankte Arbeitnehmer und derjenige, dessen Kind erkrankt ist, Krankengeld von seiner Krankenkasse bezieht, bezieht ein Arbeitnehmer in Elternzeit typischerweise Elterngeld von der öffentlichen Hand.
Alle drei Gruppen sind in gleicher Weise von gestiegenen Lebenshaltungskosten betroffen.
Sowohl Arbeitnehmer in Elternzeit als auch Arbeitnehmer im Krankengeldbezug sind betriebstreu. Sie nehmen ihre arbeitsvertragliche Tätigkeit typischerweise nach ihrer Genesung bzw. nach Ablauf der Elternzeit wieder auf. Entsprechendes gilt für den Fall des Kinderkrankengeldbezugs.
Dass der Zeitpunkt des Endes der Elternzeit in der Regel feststeht, der Zeitpunkt der Genesung hingegen regelmäßig nicht, ist kein sachliches Differenzierungskriterium. Die Unsicherheit, ob und wann der langzeiterkrankte Arbeitnehmer die Arbeitsfähigkeit wiedererlangt bzw. er nach Genesung seines Kindes wieder arbeiten kann, ist kein Grund, diesen gegenüber einem Arbeitnehmer günstiger zu behandeln, dessen Rückkehrzeitpunkt feststeht.
Zwar hat der Arbeitgeber gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BEEG das Recht, den Urlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen. Eine entsprechende Kürzungsmöglichkeit im Falle einer Langzeiterkrankung oder des Kinderkrankengeldbezugs besteht nicht. Jedoch besteht kein sachlicher Zusammenhang zwischen der Dauer des Urlaubsanspruchs und dem Zweck des Inflationsausgleichs.
Der einzige für die Kammer feststellbare Unterschied besteht darin, dass die Inanspruchnahme von Elternzeit vom Willen des Arbeitnehmers abhängt, der ein gesetzliches Gestaltungsrecht ausübt, die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers jedoch nicht. Dieser Unterschied mag auch zwischen Elternzeit und Kinderkrankengeldbezug bestehen, denn der Anspruch nach § 45 Abs. 1 SGB V ist nur gegeben, wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, dass das Elternteil zur Pflege des erkrankten Kindes der Arbeit fernbleibt und eine andere im Haushalt lebende Person das Kind nicht pflegen kann.
Dieser Unterschied, die Ausübung eines gesetzlichen Gestaltungsrechts durch den Arbeitnehmer, ist jedoch nach Überzeugung der Kammer kein zulässiges Differenzierungskriterium, da das Recht und die Pflicht der Eltern, ihre Kinder zu pflegen und zu erziehen, in Art 6 Abs. 2 GG verankert ist.
Dem Argument der Beklagten, grundsätzlich liege die Entscheidung, Elternzeit zu beanspruchen, bei der jeweiligen Person, denkbar und möglich sei nämlich auch, dass der andere Elternteil das Kind betreut, eine häusliche Betreuung des Kindes durch eine andere Person erfolgt oder eine außerhäusliche Betreuung, etwa in einer Kindertagesstätte, gewählt wird (Bl. 181.0.F d.A.), ist entgegenzuhalten, dass es faktisch ebenfalls bei der jeweiligen Person liegt, zu entscheiden, dass das erkrankte Kind durch den anderen Elternteil oder eine sonstige Person gepflegt wird. Dass der bescheinigende Arzt diese Auswahl vornimmt, ist fernliegend.
Zudem – darauf weist die Klägerin zu recht hin (Bl. 189 d.A.) – wird die freie Entscheidung in Bezug auf die Inanspruchnahme der Elternzeit dadurch relativiert, dass – wenn man denn die Fremdbetreuung eines Kindes ab einem Alter von acht Wochen für angemessen erachtet – nicht ausreichend Plätze in Betreuungseinrichtungen vorhanden sind, um eine Berufstätigkeit aller Eltern ab dem Ende der Mutterschutzzeit zu ermöglichen, erst recht keine Vollzeitbeschäftigung.
Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.11.2023 – 10 AZR 288/22 (insb. Rdn 77, juris) folgt lediglich, dass es eine zulässige Unterscheidung darstellen kann, wenn sich Tarifvertragsparteien, Betriebspartner bzw. Arbeitgeber entscheiden, zwischen Arbeitnehmern, die Lohn bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall beziehen, und solchen, die (z.B. aufgrund Elternzeit) keinerlei Leistungen des Arbeitgebers erhalten, zu differenzieren (siehe auch die Betriebsvereinbarung in der vorstehend genannten Entscheidung, Rdn. 3 bei juris). Vorliegend gibt es jedoch keine derartige stringente Differenzierung, denn Arbeitnehmer im Krankengeldbezug, die wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers keinen Krankengeldzuschuss bekommen, und Arbeitnehmer, die im Bezugszeitraum nur Kinderkrankengeld beziehen, sind sehr wohl anspruchsberechtigt.
Ein sachlicher Grund für eine Differenzierung zwischen Arbeitnehmern in Elternzeit und Arbeitnehmern, die Kinderkrankengeld beziehen, ist auch nicht darin zu erblicken, dass die Elternzeit typischerweise einen längeren Zeitraum umfasst als die Bezugsdauer von Kinderkrankengeld. Erhält ein Arbeitnehmer auch nur für einen Tag im Bezugszeitraum reguläres Arbeitsentgelt, ist er ohnehin anspruchsberechtigt. Ob er darüber hinaus an anderen Tagen im Bezugszeitraum Kinderkrankengeld bezieht, ist unerheblich. Die Regelung, wonach ein Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf den Inflationsausgleich hat, wenn er an mindestens einem Tag im Bezugszeitraum Kinderkrankengeld bezieht, hat daher nur Relevanz in Fällen, in denen im Bezugszeitraum kein Entgeltanspruch gegen den Arbeitgeber besteht. Außerdem betrug die maximale Bezugsdauer von Kinderkrankengeld im Jahr 2023 pro Kind 30 Arbeitstage bzw. 60 Arbeitstage für Alleinerziehende. Warum diese Konstellation anders zu behandeln ist als diejenige, in der ein Arbeitnehmer einen Monat Elternzeit nimmt, ist nicht nachvollziehbar.
Dass solche Widersprüche auftreten, beruht auch nicht darauf, dass eine abstrakt-generelle tarifliche Regelung in ungewöhnlichen Sachverhaltskonstellationen vereinzelt zu Härtefällen führt. Ursache ist vielmehr, dass die Tarifvertragsparteien gezielt Ausnahmen von der Voraussetzung „Anspruch auf Entgelt gegen den Arbeitgeber“ vorgenommen haben, von denen jedenfalls zwei so gestaltet sind, dass nach Auffassung der Kammer kein sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung zur Konstellation der Elternzeit feststellbar ist.
Es bedarf keiner Entscheidung, ob Arbeitnehmer, die unbezahlten Sonderurlaub nehmen, ebenfalls in unzulässiger Weise benachteiligt werden und daher so zu stellen sind, als zählten sie zum Kreis der Begünstigten.
Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, wegen einer Teilzeittätigkeit der Klägerin nur zu einer anteiligen Zahlung gemäß § 3 Abs. 2 S. 3 TV Inflationsausgleich i.V.m. § 24 Abs. 2 TVöD verpflichtet zu sein.
Aufgrund eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG kann die Klägerin verlangen, so gestellt zu werden wie eine Vollzeitkraft.
Auch hier ist kein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst sachlich einleuchtender Grund dafür ersichtlich, warum Arbeitnehmer mit einem Vollzeit-Arbeitsvertrag, die im Rahmen ihrer Elternzeit in Teilzeit arbeiten, einen verminderten Inflationsausgleich erhalten, während Arbeitnehmer im Krankengeldbezug, die wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers keinen Krankengeldzuschuss bekommen und die eine Vollzeitanstellung haben, aber keinerlei Arbeitsleistung im Bezugszeitraum verrichten, den vollen Inflationsausgleich beziehen. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Arbeitnehmer, die Kinderkrankengeld erhalten.
Zwar weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass das Bundesarbeitsgericht bezogen auf den von den Tarifpartnern des öffentlichen Dienstes abgeschlossenen Tarifvertrag über eine einmalige Corona-Sonderzahlung vom 25.10.2022 ausgeführt hat: ´Der tarifvertragliche Zweck, mit der einmaligen Corona-Sonderzahlung allen Beschäftigten unter der Voraussetzung eines zum Stichtag bestehenden Arbeitsverhältnisses sowie eines Entgeltanspruchs im Referenzzeitraum einen anlassbezogenen, an das individuelle Arbeitsentgelt angepassten Zuschuss zum individuellen Arbeitsentgelt zu gewähren, steht einer quantitativen Differenzierung nicht entgegen. Es ist nicht sachfremd, dass die Tarifvertragsparteien den Umfang der Beteiligung des Arbeitgebers an den allgemeinen Corona-Folgen an die der individuell vereinbarten Arbeitszeit entsprechenden Vergütung anknüpfen, aus der die Beschäftigten ihre Aufwendungen erfahrungsgemäß decken.´ (vgl. BAG vom 28.03.2023 – 9 AZR 132/22, juris Rdn. 25).
Nach Überzeugung der Kammer wäre eine derartige Differenzierung jedoch vorliegend nur dann nachvollziehbar, wenn die Tarifvertragsparteien den Entgeltanspruch im Referenzzeitraum tatsächlich zur zwingenden Anspruchsvoraussetzung erhoben hätten. Dies ist jedoch aufgrund der Ausnahmefälle ´Kinderkrankengeldbezug´ und ´Krankengeldbezug ohne Krankengeldzuschuss wegen der Höhe der Barleistungen des Sozialversicherungsträgers´ gerade nicht der Fall.
Im Übrigen wäre es nicht sachlich nachvollziehbar, wenn Arbeitnehmer mit einem Vollzeit-Arbeitsvertrag, die sich in Elternzeit ohne Teilzeitbeschäftigung befinden, einen Anspruch auf den vollen Inflationsausgleich hätten, Arbeitnehmer mit einem Vollzeit-Arbeitsvertrag, die während der Elternzeit in Teilzeit arbeiten, hingegen nur einen Anspruch auf einen anteiligen Inflationsausgleich.“
- Darf die Inflationsausgleichsprämie an Arbeitnehmer gezahlt werden, die nachgewiesenermaßen keinen finanziellen Bedarf haben?
Ja.
- Kann die Inflationsausgleichsprämie als „Treueprämie“ gezahlt werden?
Sollte der Arbeitgeber die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie damit verbinden, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis nicht von sich aus innerhalb einer bestimmten Frist kündigt, dürfte das rechtlich nicht wirksam sein. Die Inflationsausgleichsprämie verfolgt ein ganz anderes Ziel als die Betriebstreue. Im Gegenteil: Sollte der Arbeitgeber die Prämie explizit mit diesem Ziel an den Arbeitnehmer ausbezahlen und sich eine Rückforderung vorbehalten, könnte es durchaus passieren, dass die Zahlung steuer- und abgabenpflichtig wird!
Selbst wenn Vorstehendes nicht richtig sein sollte, kann ein Festhalten des Arbeitnehmers an einem Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber ganz allgemein nur sehr eingeschränkt wirksam verlangt werden. Das Thema ist vor allem im Zusammenhang mit der Gewährung eines Weihnachtsgeldes und einem korrespondierenden Betriebstreueversprechen bekannt. Eine Bindung, die das gesamte Jahr 2023 oder gar darüber hinaus umfassen soll, ist angesichts eines Geldbetrages von „nur“ 3.000,00 EUR grundsätzlich rechtlich nicht möglich.
- Kann die Inflationsausgleichsprämie eine Gehaltserhöhung ersetzen?
Faktisch ja, rechtlich nein. Schuldet der Arbeitgeber eine Gehaltsanpassung nach oben (etwa wegen einer den Arbeitgeber bindenden Tariflohnerhöhung), kann die Inflationsausgleichsprämie die Gehaltserhöhung nicht ersetzen. Eine vom Arbeitgeber nicht geschuldete Gehaltserhöhung kann natürlich durch die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie „faktisch“ ersetzt werden. Es darf dann aber keinerlei Hinweise darauf geben, dass die Prämie (temporär) an die Stelle einer Gehaltserhöhung getreten ist.
Siehe dazu auch schon oben Frage 13 sowie § 8 Abs. 4 EStG.
- Gibt es bereits Gerichtsentscheidungen zur Inflationsausgleichsprämie?
Ja, die Fundstellen sind – soweit zur Beantwortung hier aufgeworfener Fragen – in dieser FAQ-Liste angegeben.
- Gibt es FAQ des Bundesfinanzministeriums zur Inflationsausgleichsprämie?
Ja, abrufbar etwa über den nachfolgenden Link (zuletzt abgerufen am 31.05.2023, 16:58 Uhr):
- Wofür steht die Abkürzung „IAP“?
Damit ist die hier behandelte Inflationsausgleichsprämie gemeint.